17./18. Juli 2007
Boah, war das anstrengend! Also eins sag’ ich Euch, nochmal möchte ich das nicht
durchmachen…
Alles fing damit an, dass ich auf einmal merkte, wie Mami unruhig wurde.
Eigentlich ging das schon den ganzen Tag so und somit hielt ich ganz still. Also
ich merkte schon, dass irgendetwas anders war als sonst. Mama ließ sich gar
nicht wirklich beruhigen.
Abends wurde es mit der Unruhe schlimmer, ich fühlte wie Mama immer nervöser
wurde und wie sie versuchte sich abzulenken. Scheinbar gingen ihr die guten
Ideen aus, denn nichts half wirklich. An Schlaf war für Mami so gar nicht zu
denken. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie das ist von einer Seite zur anderen
geschaukelt zu werden? Nicht das ich das nicht irgendwie schon gewohnt gewesen
wäre, aber das war diesmal ganz anders! Gar nicht so schön entspannend wie
sonst.
2 Uhr Nachts entschied sich meine Mami dann mit Papa in die Klinik zu gehen –
sie fand sowieso keine Ruhe und dann merkte ich auch, dass sie sich Sorgen um
mich machte. Alles, was ich dabei tat, war still zu halten und ein wenig runter
zu rutschen. Mittlerweile war es ja auch so was von eng in meiner Wohnung und
ehrlich gesagt, dachte ich schon eine Weile daran ein paar Tage früher
auszuziehen.
Naja, wie dem auch sei… Papa und Mama gingen in die Klinik – ja wirklich, sie
gingen zu Fuß!
Dabei wurde Mami etwas ruhiger und erst recht, als eine Frau – Hebamme wird die
genannt – sie untersuchte. Menno, die schon meinen Kopf voll von der Tür weg.
Als ob ich ihr das erlaubt hätte! Auf jeden Fall verkündete die Frau – Susanne
war ihr Name – dass mein Kopf „schwer abschiebbar“ sei und meine Tür 1-2cm
geöffnet. Also Kopf schwer abschiebbar… ja was glaubt sie denn? Das ich mich so
einfach wegdrängeln lasse? Tz – nie nicht. Hehe, ich war eben schon immer ein
kleiner Dickkopf.
Aber ha! Meine Tür öffnete sich also langsam, das bedeutete wohl, dass das
klemmende Schloss sich doch früher von mir knacken ließ, als alle dachten.
Zumindest sollten Mami und Papi in der Klinik bleiben und bekamen ein richtig
hübsches und gemütliches Zimmer. Dort kamen beide dann ein wenig zur Ruhe, Mami
bekam von Susanne noch zwei Pillen – Globuli oder so. Die sollte sie nehmen,
damit sollte meine Tür sich dann leichter öffnen – so eine Art Ölung also –
hihi.
Papa schlief recht schnell ein und auch Mama konnte tatsächlich ein wenig
entspannen und schlief drei Stunden. Das war toll, so konnte ich mich ein wenig
erholen und Kraft tanken, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich diese
bald brauchen würde.
Morgens so gegen 7 Uhr kam eine andere Hebamme, meine Eltern waren da aber schon
wach. Die andere Hebamme, ihr Name ist übrigens Thora, legte erstmal das doofe
CTG an. Mensch, ich hasse dieses Dingen so sehr, das könnt Ihr Euch kaum
vorstellen. Auf jeden Fall hab ich erstmal dagegen geboxt, da haben Mami und
Papi sich erstmal gefreut, als sie das hörten. „Mein Mädchen!“, hat Papa ganz
stolz gesagt. Nach einer halben Stunde CTG, untersuchte Thora meine Tür mal,
denn irgendwie war sie gar nicht zufrieden mit dem CTG, da keine wirkliche Wehe
darauf zu sehen war. Mami hatte eh das Gefühl, dass sie wieder nach Hause gehen
könnte, da sie viel ruhiger war als noch in der Nacht. Aber neeee – meine Tür
war doch tatsächlich weiter aufgegangen. Nun war der Spalt bereits bei 5cm! Wow!
Könnt Ihr mal sehen, ich hab nämlich heimlich ein bisschen weiter an dem Schloss
rumgewerkelt und die Globuli von Susanne haben wohl auch geholfen.
Thora war ganz erstaunt und konnte kaum glauben, dass Mami davon so gar nichts
mitbekommen hat. „Du hast keine Wehen? Dir tut nichts weh?“, fragte sie ganz
ungläubig. Hallooo? Als ob ich meiner Mami weh tun würde. Tz! Aber Mama und Papa
waren selbst auch ganz erstaunt und freuten sich total. „Da bekommen wir wohl
heute ein schönes Baby!“, sagte die Hebamme freudig. Hah – ich durfte ausziehen!
Okay, der Mietvertrag lief erst in 11 Tagen aus, aber ich wusste auch, dass
meine Eltern nicht böse sein würden, wenn ich früher auszog.
Also… ich machte mich daran mich noch ein wenig hübsch zu machen, immerhin
wollte ich nicht all zu zerknautscht und so ankommen.
Mami und Papi gingen erstmal frühstücken und spazierten dann in der Klinik auf
und ab, zwischendurch war Papa dann aber kurz zu Hause, um nach dem Hund zu
sehen und sich umzuziehen. Hihi – er wollte wohl auch hübsch aussehen, wenn ich
ankam.
So gegen 10 Uhr untersuchte Thora noch mal meine Tür und war sehr erstaunt, dass
sich meine Tür weitere zwei Zentimeter geöffnet hatte. Es ging vorwärts! Ich
freute mich schon sehr darauf meine Eltern endlich zu sehen und gleichzeitig war
ich auch sehr nervös und ein wenig Angst hatte ich auch, wenn ich ehrlich bin.
Aber ein Zurück gab es für mich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Dann wurde noch
mal dieses doofe CTG angelegt und wieder war das Erstaunen groß, als man sah,
dass Mami immer noch keine Wehen hatte.
Gegen Mittag war meine Tür bis auf einen „Saum“ komplett geöffnet, alle waren
wirklich total überrascht, zumal Mami immer noch keine Schmerzen hatte und keine
Wehen in Sicht waren.
Es wurde nach dem Mittagessen dann beratschlagt, wie weiter vorgegangen werden
sollte. Alle entschieden sich dafür, dass ein Tropf angelegt wurde. Da war eine
Flüssigkeit drin, die die Wehen vorantreiben sollten. Also – das war schon
seltsam, auf einmal schienen die da draußen mich drängeln zu wollen. Aber hey –
so schnell geht das nun mal nicht! Würdet Ihr Eure Eltern kennen lernen wollen,
wenn Ihr noch gar nicht hübsch zurecht gemacht seid? Aber ich gebe gerne zu,
dass ich selbst total neugierig war und es kaum noch erwarten konnte. Nur
irgendwas war noch im Weg, ich konnte zwar schon durch die offene Tür luschern,
aber da war etwas, was die Sicht ganz schwammig machte und trübte. Ich sag Euch,
das war so zäh, ich kam da einfach nicht durch! Mama und Papa gingen weiter
spazieren, über das ganze Klinikgelände und zwar hin und her und noch mal her
und hin. So groß war das Gelände ja leider nicht. Zwischendurch saßen sie mit
Thora zusammen und unterhielten sich. Ab und an mal merkte Mama nun ein Ziehen,
was doch recht unangenehm für sie war, aber noch nicht wirklich schmerzhaft. Es
war gut auszuhalten, auch für mich, aber… hey es wurde wirklich ungemütlich in
meiner Wohnung und dieses zähe doofe Ding vor meiner offenen Tür nervte mich
auch! Warum ging das denn nicht weg? Da konnte ich gegen boxen und tun und
machen, was ich wollte. So langsam verging mir auch der Spaß daran, das kann ich
Euch flüstern. Ich bin zwar stur, aber da war selbst für mich langsam der Punkt
erreicht, wo ich keine Lust mehr hatte. Ja wohl!
Am Nachmittag dann, es war so kurz nach 16 Uhr, entschied Thora sich dafür, mir
nun doch mal zu helfen. „Das Baby kommt noch während meines Dienstes! Wäre ja
sonst noch schöner!“, schimpfte sie scherzhaft. „Ja oder sie sagt ällerbätsch
und kommt doch erst morgen.“, hörte ich Mami schmunzeln. Ne Mami, dazu hatte ich
wirklich nicht den Kopf. Erstens war die Lage, in der ich mich nun befand, nicht
besonders bequem und zweitens wollte ich zu Dir und Papi! Es muss so 16.30 Uhr
gewesen sein, als die Hebamme das dumme zähe Ding vor meiner Tür wegzog.
Übrigens war das Ding die Fruchtblase und kaum war die weg, floss all mein
Wasser weg. Huch! Das war eins seltsames Gefühl, erst fand ich das total witzig,
denn es kitzelte mich überall während es an mir vorbeifloss, aber dann bekam ich
auch ein wenig Angst.
Und dann – ganz schlagartig – bekam Mami ganz dolle Schmerzen. Ui ui ui – das
war nicht schön. Mama bitte glaub mir, das war gar nicht meine Absicht, aber ich
bin immer weiter nach unten gerutscht und mein Kopf wurde gequetscht. Das war
auch für mich nicht angenehm, ganz und gar nicht. Ganz im Gegenteil – menno, das
tat wirklich auch ein bisschen weh und mein Herzchen fing richtig an zu rasen.
Dann spürte ich, wie Mami anfing zu drücken. Thora gab ihr die Anleitung wie sie
es am besten machen sollte, damit die Schmerzen nicht zu stark wurden und damit
Mama und ich alles gut überstehen konnten. Mein Kopf kam zweimal fast durch die
Tür und rutschte dann wieder zurück – uff – ich gab mir ordentlich Mühe, damit
Mami nicht die ganze Arbeit alleine machen musste. Aber man, das war sooooo
anstrengend. Papa war die ganze Zeit an unserer Seite und hat die Mami gehalten.
Das war toll, ich konnte merken, wie sie dadurch immer wieder kurz ein wenig
entspannen konnte. Auch wenn die Schmerzen, also Wehen, fast ohne Pause kamen.
Dann spürte ich noch mal heftigen Druck von oben und wie meine Mama mitschob und
dann… wurde es ganz hell um mich herum – und kalt! Es war 16.55 Uhr und
letztendlich ist alles ganz schnell gegangen, es waren nur 5 oder 6 Presswehen
und dann war ich ausgezogen. Dadurch, dass alles so schnell ging, war ich ganz
erschrocken und auch ein wenig empört, denn so hatte ich mir das ja nicht
vorgestellt. Ich schrie also erstmal und was soll ich sagen – die Luft draußen
ist ganz anders als in Mamis Bauch.
Überhaupt Mamis Bauch, da wurde ich erstmal drauf gelegt und dann spürte ich
vier Hände, die mich streichelten. Papa hat die Nabelschnur durchtrennt und
dann…
Ich konnte Mama riechen und auch ihr Herz konnte ich hören. Schön! Wirklich
schön! Ich hörte sofort auf zu schreien, denn es fühlte sich alles so toll an.
Ich fühlte mich wohl und geliebt. Papa und Mama waren unsagbar glücklich, dass
ich ganz gesund und munter war und ich war ganz doll glücklich, dass die beiden
sich so freuten. „Sie ist so wunderschön!“, hörte ich Mami flüstern. Und auch
Papi fand das so.
Weniger schön war es, als ich von Mami wegmusste. Thora hat mich gemessen,
gewogen, sauber gemacht und angezogen. Papa hat das ganze genau beobachtet und
mich nicht aus den Augen gelassen.
Ach ja, ich sag Euch mal meine Masse: Ich habe bei der Geburt
2900g gewogen und war 49cm groß (Papa ist sich sicher, dass es nur 48cm waren),
mein Kopfumfang betrug 33cm.
Der Arzt, der kam, war mit allem sehr zufrieden, da waren Mama und Papa sehr
stolz drüber. Mami musste noch genäht werden, weil Thora einen kleinen Schnitt
machen musste, als mein Kopf durch die Tür kam. Nur weil alles so schnell ging
plötzlich, da war der Schnitt dann besser.
Mama war eh alles egal und mir auch – Hauptsache wir konnten beieinander sein.
Papi war so kaputt, dass er schließlich nach Hause ging (wo er dann ganz stolz
erstmal die halbe Welt anrief). Ich durfte mit Mami auf ein Zimmer, wo wir dann
die erste Nacht gemeinsam auf dieser hellen Welt verbrachten (die ist gar nicht
immer hell).
Ich träumte aber noch von meinem Auszug, so dass ich ab und zu weinen musste im
Schlaf. Mama hat mich dann einfach zu sich genommen und ich durfte in ihren
Armen weiterschlafen, dort wo ich auch den vertrauten Herzschlag hören konnte.